Wie ein Märchen hat alles begonnen: Sieben
Gott ergebene Dienerinnen fühlen sich berufen zum Priestertum. Sie proben
den Aufstand, setzen sich übers Kirchen Recht hinweg und lassen sich zu
Priesterinnen weihen. Seit dem am 29. Juni 2002 mit allem
Brimborium vollzogen Akt auf einem Donaudampfer ist auf Erden die Hölle
los. Statt in Ruhe Ihres hohen Amtes zu walten, hetzt die Rädelsführerin
der streitbaren Truppe, Christine Mayr-Lumetzberger,
46, von einem Termin zum nächsten. Fernseh- und Radioteams aus aller
Welt fallen ins beschauliche Scharnstein bei Linz
ein. Journalisten aus den USA, aus Mexiko, Kanada, Spanien, Frankreich und
Italien haben sich schon gemeldet, tausende Frauen und Männer
Durchhalteparolen geschickt. Das Telefon klingelt ohne Unterlass. Und auch
während des Woman-Interviews läutet es Sturm.
Sicher ist nur so viel: im Märchen siegen immer die Guten. Und darum ist
auch dieses noch nicht zu Ende.
Woman: die
Vatikanische Glaubenskongregation hat sie und ihre Mitstreiterinnen jetzt
formell exkommuniziert. Ihre Reaktion darauf?
Mayr-Lumetzberger:
Abgesehen davon, dass uns das Dekret noch gar nicht zugestellt
wurde, haben die Männer im Vatikan einen groben Formfehler begangen. Im
Kanon 50 des Kirchenrechtes werden sie nämlich angewiesen, zuerst mit den
Sündern in Dialog zu treten und erst in letzter Konsequenz eine Strafe wie
die Exkommunikation auszusprechen. Offensichtlich sind die Mitbrüder im
geistlichen Amt schwer kommunikationsgestört.
Woman: Die
Exkommunikation darf laut Kirchenrecht nur bei gravierenden Verbrechen
angewandt werde. Werde sie sich beugen und Reue bekennen?
Mayr-Lumetzberger: Das Vatikanische Regime sollte sich nicht länger
lächerlich machen. Und sich endlich den wesentlichen Problemen der
Menschheit zuwenden. Und sich im Übrigen darum kümmern, dass pädophilie
Priester nicht weiterhin unschuldige Kinder missbrauchen. Nicht einen einzigen
dieser Kinderschänder haben sie exkommuniziert! Sie werden nicht einmal
degradiert und bleiben Kardinal. Im Februar aber haben diese Unerleuchteten
in ihrer Ohnmacht über den italienischen Priester Franco Barbero die Beugestrafe verhängt, weil er ein homosexuelles Paare getraut hat.
Woman:
Haben sie ihren Schritt schon bereut?
Mayr-Lumetzberger: Nicht eine
Sekunde. Diese Männer wissen doch nicht, was sie tun. Daher muss man ihnen
verzeihen. Und irgendwann wird auch der Papst einsehen müssen, dass das
Ende der Diskriminierung der Frau in der römisch-katholischen Kirche ein
lobenswertes Ziel und kein schweres Verbrechen ist.
Woman: Ihre
Weihe hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Haben sie damit ihr Ziel erreicht?
Mayr-Lumetzberger: Ich fühle mich nicht
anderes als vor der Weihe. Für mich hat sich nichts verändert, da ich schon
seit meiner Geburt im Dienst des Herrn stehe. Und ich mich, im Gegensatz zu
meinen Amtskollegen, auch als geweihte
Priesterin nicht über die Menschen stelle.
Woman:
Haben Sie Ihr Amt denn schon ausgeführt?
Mayr-Lumetzberger: Gewiss.
Mich haben schon viele Menschen um Seelsorge gebeten. Demnächst stehen noch
mehrere Hochzeiten auf dem Programm.
Woman: Was
beschäftigt sie derzeit am meisten?
Mayr-Lumetzberger: Die Kirche
hat das Jahr der Berufung ausgerufenen und um Priesternachwuchs
gebetet. Gott hat Priesterinnen gesandt, aber die Amtskirche
will uns nicht. Das ist Gotteslästerung. Wir beten darum, dass die
Vatikanischen Männer, erleuchtet durch die Gnade des Heiligen Geistes, zu
Einsicht gelangen.
Von Karin Neumayer
Dieser Text basiert auf einem Interview, das im August
2002
in der Zeitschrift „Woman" veröffentlicht wurde.
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