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18. November 2003 Liebe Freunde,
Vor mehr als vierzig Jahren hat Pandit Jawaharlal Nehru, damals indischer Premierminister, einem Projekt seinen Segen gegeben, das ich ihm präsentiert hatte. Es ging darum, aus einem Stück Land in einem Grüngürtel in der Nähe von Birla Mandir etwas zu machen. Die Tatsache, dass er dieses Wagnis unterstützte, grenzte an ein kleines Wunder. Hunderte andere hatten ebenfalls versucht, dort Land zu erhalten, und alle waren sie abgewiesen worden. Zahlreiche Freunde in Neu-Delhi und ich wollten ein parkähnliches Zentrum für interreligiöse Zusammenarbeit und Harmonie errichten. Die Titelseite der Broschüre, die Ihr in den Händen haltet, zeigt ein Gemälde, das ich 1961 anfertigte, um für das Projekt zu werben. Diese Broschüre indes wurde nie veröffentlicht, denn zu unserer aller Erstaunen war das Endergebnis unserer glühenden Hoffnungen und Erwartungen für uns ein Desaster. Zur damaligen Zeit war ich der
Vizepräsident der Yogoda Satsanga
Society of India und des Self-Realization
Fellowship in Amerika. Meine Vorstandskollegen
waren nun nicht etwa verblüfft und erfreut von dieser Nachricht, wie wir es
erwartet hatten, sondern fühlten sich angegriffen und verletzt.
Heute ist mir bewusst, dass sie sich vor dieser Sache gefürchtet haben, die sie womöglich nicht selbst würden kontrollieren können. Was immer auch ihre wirklichen Beweggründe waren - sie widersetzten sich dem Projekt vehement. Ihre Opposition brachten sie in einem langen Brief voller Wut und Anschuldigungen zum Ausdruck. Und obwohl ich ihren Urteilsspruch klaglos akzeptierte und meine Zustimmung gab, verging nur kurze Zeit, ehe sie mich feuerten. Mein Rücktritt allein genügte ihnen nicht, sie warfen mich hochkant raus, mit Beleidigungen und der fürchterlichen Androhung, Vergeltung zu üben, sollte ich es wagen, meinem geliebten Guru, Paramhansa Yogananda, weiterhin - und in welcher Form auch immer - zu dienen. Über dieses glückverheißende Ereignis könnt Ihr in einem meiner jüngsten Bücher, A Place Called Ananda– im Internet einsehbar – nachlesen. Was geschah, nenne ich nicht aus Sarkasmus "glückverheißend", sondern aus einem tieferen Grund. Denn alles, was Gott uns gibt, birgt Glück in sich - wenn wir nur lange und vertrauensvoll genug auf das endgültige Resultat warten. Die Ergebnisse dieser Episode - so tragisch ich sie persönlich zunächst auch empfand - waren, wie Ihr in diesem Buch lesen könnt, überaus positiv. Ich war plötzlich frei, den Dienst an meinem Guru so fortzusetzen, wie meine innere Führung es vorsah. Ich gründete mehrere Gemeinschaften, die ich "Ananda" nannte: sechs in Amerika und eine weitere in Italien. Zur Zeit leben in diesen Gemeinschaften mehrere tausend Menschen und viele weitere kommen regelmäßig dorthin. Tausende in vielen Ländern fühlen sich mit Ananda verbunden. Außerdem habe ich 79 Bücher geschrieben, mehr als 400 Musikstücke und die Texte für mehr als 250 Lieder. (Die übrigen Melodien, die ich geschrieben habe, sind für Instrumentalmusik.) Ich habe zahllose Vorträge in Amerika und Europa gehalten. All' dies habe ich getan, weil das einzige, was ich als ein ergebener Schüler meines Gurudeva niemals tun konnte, war, mich - wie angewiesen - zurückzulehnen und ihm nicht mehr zu dienen! In Amerika und Europa habe ich immer auf einen Hinweis von meinem Meister gewartet, ob er von mir weiterhin verlangen würde, auch in Indien zu arbeiten. Ich wollte keine Schwierigkeiten bereiten, aber zugleich konnte ich nicht vergessen, wie oft er angedeutet hatte, dass es sein Wille sei, dass ich sein Werk in Indien verbreiten sollte. Über die Jahre haben mir viele Inder
geschrieben und mich gebeten, zurückzukehren und die Arbeit fortzuführen, die
ich vor so vielen Jahren begonnen hatte.
An dieser Stelle, meine Freunde, möchte ich Euch bitten, Euch einmal in mich hineinzuversetzen. Viele von Euch, die diesen Brief lesen, waren noch nicht einmal geboren, als all' die Dinge geschahen, die mein Leben so entscheidend veränderten. Diejenigen unter Euch, die nicht nur bereits in ihrem derzeitigen Körper lebten, sondern auch alt genug waren, gemeinsam mit mir zu versuchen, das wundervolle Neu-Delhi-Projekt voranzubringen, sind jetzt möglicherweise zu alt, um sich noch großartig um irdische Dinge zu kümmern. Ich hoffe und bete, dass zumindest Eure Hingabe an Gott und die Meister immer noch groß und voller Lebendigkeit ist. Ich weiß, das diejenigen unter Euch, die damals mit mir arbeiteten, zutiefst verletzt waren durch das, was geschah. Es hatte Auswirkungen für uns alle. Diejenigen, denen dieses Ereignis wie "uralte Geschichte" vorkommt, weil sie jünger sind, fordere ich auf, sich im Geiste einmal zurückzuversetzen in die damalige Zeit und sich vorzustellen, was dies für uns alle, die involviert waren, bedeutete: für unsere großen Hoffnungen und Erwartungen an etwas Schönes und Inspirierendes, etwas, das Abertausenden Hoffnung und Freude bringen sollte. Wenn Ihr Euch das vergegenwärtigen könnt, dann möchte ich Euch noch darum bitten, Euch auch den Schmerz unserer nahezu unerträglichen Enttäuschung auszumalen; den Kummer, eine gute - und ja, heilige - Gabe an Gott vollständig zerstört zu sehen; zerstört durch Verachtung und mit nichts als Spott für unsere edlen Motive. Ich war einfach nicht in der Lage, den geschätzten Freunden zu schreiben, die sich mit ihrem Herzen für diese ehrenwerte Sache eingesetzt hatten. Mein eigenes Leid war zu tief - zu tief selbst für Verbitterung, zu tief für Wut, zu tief für alles, außer Gebete um Führung, die ich über Jahre in jeder Minute in tiefem Schmerz hervorstieß. Es schien mir, dass alles, wonach ich mich in meinem Leben sehnte, Guru-Seva, Moksha, die Möglichkeit, anderen mit Liebe und im Namen meines Gurudevas zu dienen, mir genommen worden war; nicht aus einem Grund, den ich verstandesmäßig akzeptieren konnte, sondern auf eine Weise, die mir brutal und ungerecht erschien. Seit dieser Zeit und für mehr als vierzig Jahre hatte ich es zu ertragen, dass meine eigenen Gurubhais nicht müde wurden, mich zu verurteilen, zu verfolgen und zu versuchen, mich und alles, an das ich zutiefst glaube, zu zerstören. Ja, "zerstören" ist das einzige Wort um das zu beschreiben, was durch Prozesse und Verleumdungen erreicht werden sollte. Es ist tatsächlich das Wort, das einer ihrer eigenen Anwälte verwandte, um sein Ziel zu verdeutlichen. Wie hätte ich auch nur im Entferntesten daran denken können, Euch diesem Leid auszusetzen? Alles, worauf ich hoffen konnte, war, dass ich Euch durch mein Schweigen über diese Dinge zumindest ein wenig von diesem Schmerz ersparen würde. So wäret Ihr wenigstens nicht versucht, Euch vom Guten, von der Freundlichkeit, dem Glauben und der göttlichen Liebe abzuwenden. Denn ich sah mich dieser Versuchung
ausgesetzt. Es war, als würden meine eigenen Brüder und Schwestern es
regelrecht darauf anlegen, dass ich meinen Glauben und mein Vertrauen
verliere - Vertrauen in mich selbst, in meine Schülerschaft, sogar in Gott.
Doch von Beginn an fasste ich den Entschluss, mein Herz niemals der
Verbitterung zu öffnen. Und ich beschloss, dass es für mich nur einen Weg
gab: den der Liebe.
Ja, in meinem Bewusstsein hatte ich keine andere Wahl, als meinem Guru weiterhin zu dienen und so weiterzumachen, wie er selbst es mich gelehrt hatte. Im Dienst an seiner Sache bin ich nie gestrauchelt. Bis zum heutigen Tag werde ich auf die Probe gestellt, und Wut und Verachtung begegnen mir immer noch. Doch ich werde nicht aufstecken. Und ich bin froh sagen zu können, dass für mich die Früchte nicht Verbitterung, sondern Freude waren. Menschen, die mich baten, nach Indien zurückzukehren, habe ich immer geantwortet: "Wenn mein Guru mir zeigt, dass er möchte, dass ich dort arbeite, werde ich voller Freude zurückkommen. Tatsächlich ist Indien, spirituell gesehen, auch meine eigene Heimat. Doch ich werde dort nicht aus Gründen persönlicher Rechtfertigung tätig werden. Bis mein Gurudeva mir klar zu verstehen gibt, dass es sein Wille ist, dass ich dort arbeite, kann ich nicht in die Wünsche anderer einwilligen. Guruji weiß, dass mein Leben vollständig ihm geweiht ist, der Suche nach Gott, und dem Dienst an der Aufgabe, die Gott durch ihn der Menschheit geschickt hat." Mein Leben hat viele gute, nützliche Früchte getragen. Meine vielen Jahre des Tapasya waren nicht vergeblich. Dafür empfinde ich Glückseligkeit und bin zutiefst dankbar. Vor kurzem habe ich mein 79. Buch vollendet. Es war beinahe fertig, als ich plötzlich erkannte, dass mit diesem Buch die Arbeit meines Lebens beendet war! Ich bin in meinem 78. Lebensjahr. Was gibt es für mich noch zu tun? Indien? Ja, Indien! Mit der Fertigstellung dieses Buches hat mein Leben eine überraschende Wendung genommen - nicht in Richtung Rente und Ruhe (wohlverdient, wie ich hoffe!), sondern hin zu einem noch größeren Dienst. Es scheint, als ob die riesige Enttäuschung, die ich und so viele hundert andere vor so langer Zeit wegen des Delhi-Projekts ertragen haben, sich nun auf einmal in Freude verwandeln könnte, sogar auf der materiell-irdischen Ebene. Große Heilige, darunter Neem Karoli Baba, hatten vorhergesagt, dass das, was ich damals angestrebt hatte, sich, wie er es nannte, "ergeben" würde. Diese Weissagung scheint sich nun - nach allem, was geschehen ist - zu erfüllen. Denn ich spüre eindeutig die Führung meines Gurus, nach Indien zurückzukehren und einmal mehr den Boden zu bereiten. Bin ich zu alt? Und werde ich in meinem fortgeschrittenen Alter praktisch irgendetwas erreichen? Werde ich überhaupt fähig sein, in diesem schwierigen Klima zu überleben? All dies ist nicht wichtig für mich, außer dass ich meinem Guru in der Weise diene, wie er es von mir verlangt. Diese kleine Person ist nicht entscheidend. Was immer ich aber an Gutem tun kann, ist entscheidend und von Bedeutung! Außerdem habe ich immer noch viel Energie, so wie viele Freunde, wesentlich jünger als ich, die mit mir arbeiten wollen. Ich habe zudem das Glück, in Indien eine gewisse Bekanntheit erreicht zu haben - durch zwanzig meiner Bücher, die dort erschienen sind. Ich kann sogar noch ein wenig Hindi und Bengali, was ich damals gesprochen habe - wenn auch niemals besonders gut! Es stimmt, dass die meisten Inder, die ich getroffen habe, gut Englisch sprechen. Doch es kann nicht schaden, dass ich auch ein wenig von Ihren Muttersprachen beherrsche. Vielleicht bin ich jetzt sogar dazu fähig, sie besser zu erlernen. Ich würde gerne in Hindi Vorträge halten, wenn Sie alle mir meine entsetzlichen Fehler verzeihen! (Bengali ist für mich seit langem die süßeste Sprache der Welt.) Was meine Gesundheit angeht und meine Fähigkeit, dem Klima zu trotzen, sowie jede andere Belastung, der ich ausgesetzt sein mag - es kümmert mich nicht, ganz ehrlich. Sogar Verfolgung, wenn sie denn weitergehen muss, ist nur (wie wir in Amerika sagen) "Teil des Spiels". Freunden von mir habe ich gesagt: "Ich streue morgens Verfolgung auf mein Müsli!" Ich werde damit fortfahren, meinem Guru zu dienen, so lange Gott mir die Kraft dazu gibt. Ich und eine Gruppe von Freunden aus verschiedenen Ländern haben beschlossen, uns südlich von Neu-Delhi niederzulassen. Wir laden Euch ein, mit uns Satsangs zu feiern oder sogar, wenn möglich, mit uns zu leben. Gemeinsam mögen wir aus uns selbst heraus ein Werk vollbringen, nach dem sich unsere Herzen in all diesen Jahren gesehnt haben: Menschen - wo auch immer - die lebenswichtigen Wahrheiten zu zeigen, die mein großartiger Guru der Welt gebracht hat, und Gott im Alltag der Menschen Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Buch, das ich für Gurudev erst vor einigen Monaten fertiggestellt habe - das Buch, das dem jetzigen vorausging - ist nun erschienen. Sein Titel ist: "God Is For Everyone". Gott ist wirklich für jeden da - für die Materialisten ebenso wie für die spirituell Orientierten, für alle in Ost und West, und egal, ob sie Hindus, Christen, Juden, Buddhisten oder Muslime sind. Die Menschen müssen die Grube der sektiererischen Rivalitäten verlassen, in die die Welt geglitten ist, und müssen verstehen lernen, dass das Ziel aller menschlichen Suche die Seligkeit des eigenen Seins ist: Satchidanandam. Ich hoffe, mir ist es vergönnt, Euch in den kommenden Monaten zu sehen. Möge Gott Euch in aller Ewigkeit segnen und Euch erfüllen mit seiner bedingungslosen Liebe und Güte und seiner unermesslichen Seligkeit. Er liebt Euch ewiglich. Und, in Seinem Bewusstsein, liebe ich Euch auch.
In
göttlicher Freundschaft,
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