Heilige und Satgurus


Sri Ramakrishna
LEBEN - GLEICHNIS - WORT


Aus dem Leben Ramakrishnas

Ramakrishna erblickte als Sohn einer bengalischen Brahmanenfamilie im Frühjahr 1836 das Licht der Welt. Seine Eltern gaben ihm die Erziehung eines jungen Brahmanen. Sie umschloß das Studium der Gita, des Ramayana und Mahabharata neben gründlichen Meditationsübungen. Er liebte religiöse Bücher so sehr, daß er Hunderte  von Balladen und Gedichte der Hindus verschlang. Noch vor seinem 16. Geburtstag trat er als Gehilfe des Priesters in den Tempel ein, der der Göttin Kali geweiht war.
Er widmete Gebeten und Meditation mehr Zeit als es die priesterlichen Regeln verlangten und maß der Übung des Rituals kaum Wert bei. Die Göttin Kali war für Ramakrishna die göttliche Mutter. Alle Dinge werden aus ihr geboren und gehen wieder in sie ein.

Der Hindu versteht das Symbol der Kali; selbst die Kinder lernen zu ihr zu beten:
 

 
"Neige zu mir Deines Mitleids Antlitz, das der Staub der Täuschung verbarg.
O Göttin, Du Antlitz der Unsterblichkeit , durchdringe mich ganz mit Deinem unendlichen Erbarmen." 

Die reine Klarheit in der Symbolik, das Wissen, daß Nichts in dieser Welt außer Entsagung Bestand hat, ließ Ramakrishna den leeren Prunk des bloßen Rituals durchschauen. Er verzichtete nicht nur selbst auf prunkvolle Gewänder sondern begann auch einige der prunkvollsten Gottesdienste zu vereinfachen. Bald begann er die Göttliche Mutter anzurufen: "O Mutter, gib mir Weisheit und laß mich Dein liebendes Angesicht schauen."

Es war eine alte indische Gepflogenheit, einen Mann durch eine Ehe mit einer jungen Frau von seinen Wahnideen über das Unendliche heilen zu wollen. Dieser Versuch wurde selbst bei Buddha unternommen. Ramakrishna ließ nach einiger Zeit seine Mutter wissen, daß er bereit sei, ein junges Mädchen zu heiraten, das die göttliche Mutter ihm in seinen Meditationen gezeigt hatte. Es war die Tochter einer Brahmanenfamilie, Sri Sarada Devi, wie sie später von den Schülern liebevoll genannt wurde.
Im Alter von dreißig Jahren empfing Ramakrishna seine erste Erleuchtung. Er schwor, sich das Leben zu nehmen, wenn ihm nicht die Gabe der Erleuchtung zuteil würde.

"Da plötzlich bewegten sich die steinernen Arme der Göttin Kali. Ihre Lippen formten sich zu einem leuchtenden Blumenkelch. Dann ergoß sich das Licht über ihr ganzes Gesicht. Ihr Haar wurde zu einem flammenden Strahlenkranz, als wäre die Sonne selbst vom Himmel herabgestiegen und stehe hinter ihrem Haupt. Nun glitt das Licht ihren Körper hinab bis zu Shiva, der unter ihren Füßen lag; aber auch hier hielt es nicht an. Wie zwei mächtige Flügel breitete sich dieses Lichtmeer über das ganze Tempelinnere aus. Selbst die kleinsten Gegenstände begannen sich tanzend zu wiegen, ergriffen von diesem überirdischen Licht.
Wohin sich der Blick Ramakrishnas auch wandte, überall sah er nur Licht, Licht , Licht.
"Ich habe sie gefunden!" Jauchzend lief er aus dem Tempel. Alle seine Wege waren erfüllt von Licht.

Ramakrishna verharrte noch lange Zeit in diesem Zustand der Ekstase. In dieser Zeit aß und trank er nichts und unaufhörlich lobpries er Gott. Manches Mal wenn er sprach, wurde das Licht, das sein Gesicht umstrahlte so hell, daß die Menschen ihre Augen bedecken mußten, um nicht zu erblinden.

Paramahansa Ramakrishna folgte dem Bhakti Yoga – dem idealen Bhakti Yoga im Osten – und er verehrte Gott in der Form der Mutter. Er sah die Mutter überall – im Inneren und im Äußeren. Doch er konnte sich nicht zur formlosen Stufe erheben. Schließlich ging er zu seinem Guru, der Totapuri hieß, und sagte zu ihm: „Überall sehe ich die Form der Mutter, aber ich kann mich nicht über diese Dualität erheben. Wie ist das möglich?“ Da nahm Totapuri eine Glasscherbe und drückte sie ihm auf den Punkt zwischen die beiden Augenbrauen (Ajna-Chakra!). Gleichzeitig gab er ihm ein Shakti-Pad, und so konnte er sich in den Nirbikalpa-Samadhi (= der höchste und unwiderrufliche Zustand der Gottvereinigung, in dem man sich auch frei bewegen kann.) erheben. Das führte ihn letztlich zu Brahman – der formlosen Stufe.

Im Laufe der Zeit bildete sich eine Gefolgschaft von Jüngern um ihn, die Ramakrishna unterwies und lehrte. Im Jahre 1885 erkrankte er an Halskrebs. Der Meister unterwies seinen inneren Kreis weiter trotz der Schmerzen, die ihm das Sprechen bereitete, denn er wollte nicht sterben, ohne ihnen auch die letzte Frage beantwortet zu haben.
Mit übermenschlicher Anstrengung sprach er: "Warum ich Euch alles offenbare, was ich weiß? Weil ich Euch mit mir gebracht habe. Kein Lehrer kommt ohne seinen eigenen Kreis Getreuer auf die Erde. Sie verstehen ihn und vermitteln seine Lehre der Welt....; Ihr und ich, wir kamen auf die Erde als eine Gruppe fahrender Sänger. Sie singen vor der Tür eines jeden Hauses, dann ziehen sie weiter. Wir haben an den Pforten der Erde gesungen..."

Als Narendra (Swami Vivekananda) an einem dieser letzten Tage bei Sri Ramakrishnas Bett stand, kam ihm der Gedanke in den Sinn, daß er eine Inkarnation Gottes sei. Sofort wandte sich Sri Ramakrishna zu ihm und alle Kräfte sammelnd, sprach er deutlich: "O mein Naren, bist Du noch nicht überzeugt? Er, der Rama und Krishna war, ist jetzt Ramakrishna."

Eine Woche nach Sri Ramakrishnas Mahasamadhi standen Narendra und Harish am kleinen Teich des Gartens . Plötzlich sah Narendra eine leuchtende Gestalt langsam auf sie zukommen. Da hörte er seinen Gefährten erregt flüstern: "Was ist das?" Als die Gestalt zu einem dichten Jasminbusch gelangte, nur wenige Meter von der Stelle entfernt wo die beiden standen, verschwand sie.

Nach dem Tode von Ramakrishna wurde von seinen Schülern im Jahre 1886 ein Mönchsorden gegründet: der Ramakrishna-Orden. Ihr Leiter war Swami Vivekananda, der die Botschaft des Meisters in ganz Indien und in fernen Ländern (USA) verbreitete.

Ein Jünger (Schüler) war ein Halbinder, Swami Vayuananda, der in Indien in einem Ramakrishna-Ashram aufwuchs.
Er sammelte um sich einen Kreis von 10 Schülern, die er zunächst in Deutschland, Anfang der dreißiger Jahre in Hamburg unterwies. Als das politische Klima sich verschlechterte (sein Vater war Jude, seine Mutter Inderin), wanderte er mit seinen Schülern in die Tschechei aus (Prag). Dort holte ihn und seine Schüler, Jahre später, das politische Geschehen ein. Einige der Yogis starben als deutsche Soldaten an der Front, andere im KZ. Die einzige, die damals die Kriegsgeschehnisse überlebte, war eine Schülerin Swami Vayuananda´s, die spätere Guru Ananda, die in Wien (Österreich) den Ashram ANANDA gründete.
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Aus: "Ramakrishna / Leben  - Gleichnis - Wort" (gekürzt, S.51 - 67)
weitere Literatur: Swami Vivekanada: "Raja-Yoga", "Bhakta-Yoga", "Jnana-Yoga" etc.

 


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