Leseproben von Paramahansa Yogananda



Kann ein Mensch wie Gott sein?

Am Anfang der Schöpfung als Gott sprach: "Es werde Licht! War auch Licht. Und Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht ..." I Mose 1, 2-5

In der Bhagavad Gita wird erzählt, daß der Tag Brahmas tausend Zyklen (Yugas) währt, und die Nacht Brahmas ebenfalls tausend Zyklen. Wenn der Tag Brahmas dämmert, erhebt sich die ganze Schöpfung aus dem Zustand der Nicht Manifestation und wird wiedergeboren; wenn die Nacht Brahmas anbricht, sinkt die ganze Schöpfung in den Schlaf der Nicht Manifestation zurück.

Krishna weist auf die unermeßlichen Zyklen oder Yugas hin, um seinem Jünger Arjuna einzuprägen, wie töricht die Menschen sind - wenn sie, in die Welt der Erscheinungen verstrickt - glauben Teil dieser Welt zu sein. Erst wenn ein Wesen erkennt, daß es nicht in diese Maya verstrickt ist und Befreiung erlangt, kann es wie Gott werden. Wohlgemerkt "wie Gott sein" aber nicht der Schöpfer selbst sein.

Der normale Mensch lebt zwar in der Welt, ist sich aber ihres eigentlichen Wesens und Zweckes kaum bewußt. Wer sich geistig höher entwickelt und seine Verbundenheit mit allen Lebewesen fühlt, wird bewußter, liebevoller und damit Gott ähnlicher. Jesus war sogar gewillt für andere zu leiden, indem er ihre Schmerzen auf sich nahm. Er übernahm sogar das Karma der Menschen, die er heilte und förderte
so die geistige Entwicklung seiner Jünger.

Gott hat den Menschen Freiheit geschenkt, sich für oder gegen den Willen Gottes zu entscheiden. Sobald der Mensch seinen Willen mißbraucht und sich gegen den göttlichen Willen entscheidet führt das zu Leid und Drangsaal.

Ein Mensch, der falsch handelt und nicht das Wohl seiner Mitmenschen und seiner Umwelt im Auge hat wird durch das Karma (das Gesetz von Ursache und Wirkung) sehr viel Leid in dieser Welt erfahren müssen; er wird unweigerlich seines eigenes und das Glück anderer zerstören.

Wer Gott erkennen will, muß Ihm gleich werden. Nichts ist größer als Gott. Der Mensch gleicht einer Marionette. Er tanzt an den Fäden seiner Gewohnheiten und Gefühlsregungen, der Leidenschaften und Sinnengenüsse. Diese halten seine Seele gefangen. Wer nicht willig oder fähig ist sich selbst aus diesen Banden zu befreien um Gott zu erkennen, wird ihn nicht finden.

Der Weg der Meditation (RAJA-Yoga) ist der Weg zu Gott. Wer ihn geht wird eines Tages Befreiung erlangen. Wenn nicht in diesem Leben, dann im nächsten oder auch im Jenseits.

Selbst- o.Gottes-Verwirklichung kann einem Menschen nicht durch Bücher vermittelt werden; man kann sie nur durch eigene Erfahrung erwerben. Die Religionen sollten nicht nur Dogmen lehren, sondern Erkenntnis der Wahrheit und ein echtes Erleben Gottes. Was Jesus Christus verwirklicht hat, müssen auch wir erleben. Er stellte nicht die Verehrung seiner Persönlichkeit in den Mittelpunkt seiner Lehre, sondern wollte, daß wir dieselbe Einheit mit Gottes erleben wie er. Das können wir aber nur, wenn wir meditieren und Gottes Gesetze befolgen. Es genügt nicht, Jesus anzubeten, sondern strebt den allumfassenden Idealen seiner Lehre nach und versucht ihn gleich zu werdenden.

Eine Legende berichtet uns von einem gefallenen Engel, der sein wollte wie Gott: 
"Dieser gefallene Engel war ursprünglich ein Erzengel. Ihm war die Macht verliehen worden, nach Gottes Plan Welten zu erschaffen. Nachdem er sein Schöpfungswerk vollendet hatte, sollte er, wie auch die ganze Schöpfung, sofort zu Gott zurückkehren. Aber diese intelligente Kraft, die in den Hl. Schriften als Satan personifiziert wird, sah voraus, daß die Schöpfung sich auflösen würde, wenn alles wieder zum GEIST zurückkehrte. Darum pflanzte Satan dem Menschen böse (materielle) Wünsche ein, die ihn veranlassen würden, immer wieder zur Erde zurückzukehren und das Rad des Lebens in Gang zu halten. Auf diese Weise versucht der Teufel, dem Menschen die Möglichkeit zu nehmen, zu Gott zurückzukehren. Im höchsten Sinne ist Satan nur ein Werkzeug Gottes. Erhält nie das, was er verspricht, so daß die enttäuschten Menschen schließlich den wahren Gott suchen." (Yogananda: Die Reise der Seele nach Innen S. 207f)

Ein Mensch, der erkennt, daß er nur ein Geschöpf Gottes ist, wird Gehorsam sein, den Willen Gottes erkennen wollen und versuchen diesen zu erfüllen. Alle christlichen Kirchen und spirituelle Gemeinschaften sind bestrebt diese Wahrheiten zu verkünden und zu lehren. Im Gegensatz dazu: Wenn sich ein Geschöpf Gottes über andere Geschöpfe stellt, sich selber erhöht, mag er glauben ein Gott zu sein! Die Folge: nur der eigene Wille zählt, man tut nur das, was man selber will!! Ein treffender Ausspruch eines Vampirs in einem Musical: "Gott ist tot, nach ihm wird nicht mehr gesucht" (siehe: Satanskirche aber auch Materialismus, Kommunismus, Sozialismus). Dieser Weg ist der falsche Weg. Sich selber zu erhöhen, sich über andere Geschöpfe (Götter, Engel, Teufel, Menschen, etc.) zu stellen , sich besser zu dünken, führt unweigerlich in die entgegengesetzte Richtung, von Gott weg! 

Letztlich ist Gott allein der Schöpfer(in) , das Alpha und Omega, der Anbeginn und das Ende des sichtbaren und unsichtbaren Universums. Und wir sind seine/ihre Kinder!

Aus: "Das Vermächtnis des Meisters" von Paramahansa Yogananda (S.25 bis 43, gekürzt und teils erläutert)