Aus dem Leben von Paramahansa Yogananda


 

Erinnerungen

„In den frühen Tagen von Mt. Washington wollte ein Besucher einmal verächtlich wissen, welche Vermögensgrundlage diese Organisation habe. ,Keine!’ antwortete ich. ,Nur Gott.’"

Meister plauderte aus Erinnerungen an seine frühen Jahre in Amerika. Gegen Ende seines Lebens schenkte er uns - neben all seinen Ratschlägen - viele Stunden des Erzählens. Er wollte uns in jene lange Periode seines Lebens einbeziehen, die vor jener Zeit lag, da die meisten von uns zu ihm gestoßen waren.

„Meine Antwort, die ich dem besagtem Fragesteller gab, war auch im engsten Sinn des Wortes wahr", amüsierte sich Meister. „Wir hatten überhaupt kein Geld! Aber meine Aussage wäre heute genauso richtig, da das Werk finanziell fundiert ist. Denn unsere Stärke hat immer in Gott allein gelegen. Wir könnten alles verlieren, materiell gesprochen, und in Seiner Liebe würden wir weiterhin alles besitzen, was wirklich von Bedeutung ist.

Vor Jahren kam ein Mann mit der Absicht hierher, mich mit seinem Reichtum zu kaufen. Nachdem er wusste, dass wir gerade damals dringend Geld brauchten, versuchte er auf gewisse Weise, mich zu bewegen, Kompromisse in meinen Idealen einzugehen. Ich lehnte ab. Schließlich sagte er: ,Sie werden verhungern, weil sie nicht hören wollten.’ Er ging und machte Stimmung gegen mich bei einem seiner reichen Bekannten, einem Studenten dieses Werkes. Genau dieser jedoch war der Mann, den Gott erwählt hatte, uns die so nötige Hilfe zuteil werden zu lassen!

„Der Glücklichste ist, der alles Gott gibt", begann Meister eine amüsante Geschichte, um seine Vorliebe für einfaches Leben zu veranschaulichen.

„Ein reicher Schüler von mir wollte mir einen neuen Übermantel kaufen. Er führte mich in ein renommiertes Bekleidungshaus und lud mich ein, jeden beliebigen Mantel auszuwählen. Als ich einen erspähte, der nett aussah, griff ich nach ihm. Aber dann, als ich das Preisschild sah, zog ich schnell meine Hand wieder zurück. Es war ein sehr teurer Mantel.

,Es würde mich doch glücklich machen, ihn für Euch zu kaufen’, insistierte mein Freund. Er suchte noch einen teuren dazu passenden Hut aus. Ich war für seine Freundlichkeit, mir diese Geschenke zu geben, dankbar. Aber wann immer ich sie trug, fühlte ich mich unbequem. Teure Besitzungen sind eine Verantwortung.

,Göttliche Mutter’, betete ich schließlich, ,dieser Mantel ist zu gut für mich. Nimm ihn bitte fort.’

Bald danach sollte ich im Trinity-Auditorium vortragen. Ich fühlte, dass mir der Mantel an diesem Abend weggenommen werden würde, und entleerte daher meine Taschen. Nach dem Vortrag war der Mantel weg. Welch ein Erleichterung!

Dann aber entdeckte ich eine Unterlassung. ,Göttliche Mutter’, betete ich abermals, ,Du hast vergessen, den Hut zu nehmen!’

Du brauchst eine Sache nicht zu besitzen, um sie zu genießen", sagte uns Meister. „Dinge zu besitzen ist in Ordnung, sofern die Dinge nicht euch besitzen, aber Besitz bedeutet oft nur zusätzliche Sorgen. Es ist besser, alles in Gott zu besitzen und sich an nichts mit dem Ego zu hängen."

Meister erzählte uns von einer Zeit, da seine Nichtverhaftung einer Prüfung unterzogen wurde. „Eines Abends stand ich allein an einer dunklen Straßenecke in New York, als drei Räuber von hinten auf mich zukamen, von denen einer ein Gewehr auf mich richtete.

,Gib uns dein Geld!’ forderten sie.

,Hier ist es’, sagte ich, ohne im geringsten verstört zu sein. ,Aber ich möchte euch wissen lassen, dass ich es euch nicht aus Furcht gebe. Ich habe solch einen Reichtum in meinem Herzen, dass mir Geld im Vergleich dazu nichts bedeutet.’ Sie waren verblüfft! Dann blickte ich auf sie mit der Macht Gottes. Sie brachen in Tränen aus. Während sie mir mein Geld zurückgaben, schluchzten sie: ,So können wir nicht weiterleben!’ Dann liefen sie überwältigt von dieser Erfahrung davon."

Meister akzeptierte das Böse für gewöhnlich als einen bedauerlichen, aber notwendigen Teil des kosmischen Dramas. Er bekämpfte es nur in denen, die seine geistige Hilfe suchten. „Die Rolle des Bösewichts auf der Bühne besteht darin", pflegte er zu sagen, „das Publikum dazu zu bewegen, den Helden zu lieben. In ähnlicher Weise ist die Rolle des Teufels im Drama des Lebens, die Leute dazu anzuspornen, das Gute zu suchen." Es gab jedoch Zeiten, da er zu einem rächenden Engel wurde, besonders wenn das Leben von devotees betroffen war.

Die Mutter eines engen Jüngers war von Krebs befallen. Sie begab sich hoffnungsfroh in ein Sanatorium, das eine Wunderkur inseriert hatte. „Alles, was sie ihren Patienten gaben", erzählte uns Meister, „war Wasser! Sie nahmen ihr Geld, gaben ihnen nichts zu essen und warteten einfach, bis sie starben. Als ich ihre Methode durchschaut hatte, rief ich zum Himmel: ,Göttliche Mutter, zerstöre diesen Ort!’ Innerhalb eines Monats kam die Polizei und schloss die Klinik. Die Vorstände wanderten alle ins Gefängnis."

Es gab für ihn keine Umgebung, die ohne Gott war. „Wisst ihr, wo ich mein Gedicht samadhi schrieb?" fragte er uns eines Tages. „Es war in der New Yorker U-Bahn! Als ich es zu Papier brachte, fuhr ich von einem Ende der Linie zum anderen, hin und zurück. Niemand fragte mich um meine Fahrkarte. Genau genommen", fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu, „sah mich gar niemand!"

Meister beschenkte uns oft mit heiteren Anekdoten: „Wegen meiner Kleidung und der langen Haare hielten mich die Leute manchmal für eine Frau. Einmal war ich auf einer Blumenausstellung in Boston auf der Suche nach der Herren-Toilette. Ein Führer brachte mich zu einer bestimmten Tür. Vertrauensvoll ging ich hinein. Du meine Güte! Damen zu meiner linken, Damen zu meiner rechten, überall Damen! Ich stürzte hinaus und wandte mich nochmals an den Führer.

Ich möchte die Herren-Toilette, insistierte ich. Während er mich verdächtig betrachtete, zeigte er auf eine andere Tür. Diesmal rief ein Mann, als ich eintrat: ,Nicht hier, meine Dame! Nicht hier!’

Mit profunder Bassstimme antwortete ich: ,Ich weiß, was ich tue!’

Als ich das erste Mal nach Amerika kam", fuhr er fort, „schickte mir mein Vater für gewöhnlich Geld. Ich wollte jedoch ganz auf Gott angewiesen sein, und so schickte ich es zurück. Am Anfang ließ mich Gott ein wenig Ungemach kosten, um mein Vertrauen in Ihn zu testen, aber mein Glaube war fest, und Er verließ mich nie."

Für Meister war die menschliche Erfahrung in gewissem Sinn Teil eines göttlichen Heilungsprozesses. Die größte Seuche des Menschen ist, nach seinen Worten, spirituelle Unwissenheit. Wenn auch die höchste Heilungsmethode, die er anbot, göttlicher Segen war, so heilte er auch viele physische Krankheiten.

Eine solche Heilung ereignete sich Jahre bevor ich in das Werk eintrat. Meister erzählte uns die Geschichte:

„Es war während der Weltausstellung in Chikago im Jahre 1933. Dr. Lewis rief mich in Los Angeles an, um zu berichten, dass einer seiner Freunde eine Herzembolie erlitten hatte und im Sterben lag. Ob ich ihm helfen könnte? Ich saß in Meditation und betete. Plötzlich kam eine große Kraft aus mir heraus, wie bei einer Explosion. Im selben Augenblick war der Mann, der bereits im Koma gewesen war, geheilt. Eine Krankenschwester war bei ihm im Zimmer - überhaupt keine spirituelle Frau. Sie bezeugte später, dass sie im Raum eine Explosion gehört und einen strahlenden Lichtblitz gesehen hatte. Dann hatte sich der Mann plötzlich aufgesetzt und war vollständig genesen."

Meister sprach dann über die wichtigste Art des Heilens: die Zerstreuung der seelischen Ignoranz. „Aus diesem Grund haben wir diese ashrams"; sagte er, „für jene, die ihr Leben Gott geben wollen, um von allem Leiden geheilt zu sein - auf immer." Er fuhr fort, von jenen frühen Jahren zu sprechen. Er sah uns liebevoll an und schloss: „Wie ich mir wünsche, dass ihr alle damals bei mir gewesen wärt! So viele Jahre mussten vergehen, bevor ihr kamt."
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Aus: "The Path" von Swami Kriyananda, direkter
Jünger Paramahansa Yoganandas