Twenty-Nine-Palms
"Du musst diesen Ort geheim halten", warnte mich Bernard, als wir nach Twenty-Nine-Palms fuhren. "Das rapide Wachstum des Werkes macht einen Platz notwendig, an den sich Meister zurückziehen kann, um sich auf das Schreiben zu konzentrieren."
Das Mönchs - Retreat war ein kleines Cottage auf etwa 7 Hektar Land. Eine hohe Windmühle krachte und klapperte jammernd mit jeder Brise, während sie Wasser aus einer Quelle pumpte. Ein Hain blaugrüner Rauchbäume schirmte das Häuschen von der selten befahrenen Sandstraße ab. Trotz der Windmühle, die anscheinend entschlossen war, die Nachricht, wie schwer einem das Arbeiten gemacht wurde, in die Öffentlichkeit zu tragen, schien es sich um eine ideale Stelle für Abgeschlossenheit und Meditation zu handeln. Während der kommenden Jahre sollte ich viele Monate in dieser beschaulichen Umgebung verbringen.
Meisters Haus befand sich fünf Meilen die Straße hinauf in einem erschlosseneren Gebiet.
Mein erster Aufenthalt in Twenty-Nine-Palms dauerte ein Wochenende. Kurz danach bat Meister Norman und mich, ihm ein kleines Schwimmbecken hinter dem Haus zu errichten. Gelegentlich legte er eine Schreibpause ein, kam heraus und arbeitete mit uns etwa eine Viertelstunde lang. Jedes Mal, wenn er dies tat, spürte ich einen tiefen Segen.
Eines Tages zu Mittag standen Norman und ich von unserem Graben auf und streckten uns, dankbar dafür, dass die Mittagspause gekommen war. Wir genossen unsere Arbeit, konnten aber nicht verhehlen, dass sie auch ermüdend war. Zudem waren wir hungrig. Kurz blickten wir in die gähnende Grube zu unseren Füssen.
"Gott, was für ein Loch!" rief Norman aus. Unser Blick schweifte über die Berge von Sand, die wir mit dem Schubkarren überall auf dem Grundstück aufgehäuft hatten. Ihr Anblick, der sich uns als Beweis unserer Mühsal bot, verstärkte nur unsere Müdigkeit.
In diesem Augenblick kam Meister heraus.
"Diese Haufen sehen nicht sehr schön aus", bemerkte er. "Ich frage mich, ob man sie nicht planieren könnte. Würde es einem von euch etwas ausmachen, eine Latte zu holen?"
Bewaffnet mit dem Brett standen wir bereitwillig vor ihm und erwarteten weitere Anweisungen.
"Jeder von euch hält die Latte an einem Ende", sagte Meister. "Dann — kommt einmal über diesen Hügel hier. Zieht den Sand zu euch zurück und drückt dabei fest auf das Brett, während ihr es langsam zwischen euch hin- und herbewegt."
Wahrscheinlich genügt selbst diese magere Beschreibung, um eine Idee davon zu vermitteln, wie schwierig diese Aufgabe war. Als wir einen Haufen geglättet hatten, keuchten wir bereits schwer. Gut, dachten wir, wenigstens hätten wir bewiesen, dass diese Aufgabe durchführbar war. Meister, dessen Neugier nun befriedigt sei, werde uns jetzt bestimmt in die Mittagspause entlassen.
"Sehr gut", kommentierte er anerkennend. "Ich dachte, diese Methode würde funktionieren. Nun denn, warum versuchen wir es nicht noch ein einziges Mal — mit dem Haufen dort drüben?"
In Anpassung unserer Erwartungen fingen wir ein zweites Mal an. "Sehr gut!" meinte Meister wieder. Da er offensichtlich nicht wünschte, unserer nun erreichten Antriebskraft Hindernisse in den Weg zu legen, sagte er: "Lasst uns nur einen noch machen — diesen hier."
Und nach diesem: "Einen noch."
Und dann wieder: "Nur einen noch dazu."
Ich weiß nicht, wie viele Hügel wir planiert hatten, aber ... "Nur einen noch", sagte Meister wieder.
Plötzlich, nachdem ich den Witz daran endlich erfasst hatte, stand ich auf und lachte. Meister gab mir ein Lächeln zurück.
"Ich spielte mit euch. Jetzt geht und macht Mittagspause."
Manchmal trieb er mit seinem Training unsere Gemütsruhe bis an ihre Grenze, um zu sehen, auf welche Weise wir ausbrechen würden. Wenn wir rebellierten, bedeutete dies, dass wir die Prüfung verfehlt hatten. Aber wenn wir mit einem zusätzlichen Spurt an Energie reagierten, fanden wir seine Tests unbeschreiblich stärkend.
Mit obigem Test half Meister Norman und mir zu lernen, dem Gedanken an Müdigkeit zu widerstehen. Kurioserweise stellte ich fest, dass ich eigentlich weniger müde war, nachdem ich diese Haufen verteilt hatte. "Je größer der Wille", sagte Meister oft, "desto größer der Fluss von Energie."
Kurz danach begann Meister, uns nach der Arbeit einzuladen, zu ihm hineinzukommen und ihm zuzuhören, während er diktierte. Die Wahrheiten, die ich während dieser Sitzungen lernte, waren unschätzbar. Ich war auch von der offenen, dynamischen Courage angetan, mit der er lehrte. Ich wusste, einige Leute würden versucht sein, die Macht seiner Worte abzuschwächen, als ob sie für einen größeren Kreis dann annehmbarer wären, wenn man sie banalisierte. Das Gütezeichen für Größe ist aber außergewöhnliche Energie. Eine solche Energie ist immer eine Herausforderung.
Meister war in größerem Ausmaß als jeder andere Lehrer, den ich traf, Menschen aufzuwühlen fähig; imstande, sie durch das Unerwartete durcheinander zubringen, sie mit einer improvisierten lustigen Geschichte zu charmieren oder mit einem neuen Schub an Information zur Wachheit aufzurütteln. Wie Jesus sprach er mit dem Ring der Wahrheit.
Allmählich, als die Wochen vorübergingen, entdeckte ich, wie sich mein Herz wie eine Blume unter den Sonnenstrahlen seiner Liebe öffnete.
"Visualisiere den Guru," sagte er eines Abends, "am Punkt zwischen den Augenbrauen, dem Christuszentrum. Versuche dann, seine Antwort in deinem Herzen zu fühlen. Wenn du sie fühlst, bete inständig: ,Führe mich bei Gott ein."'
Wenn ich auf ihn meditierte, fühlte ich oft eine Welle des Friedens und der Liebe auf mich niedergehen, die mein ganzes Wesen durchdrang. Manchmal kamen Antworten auf Fragen und ein klareres Verstehen der Eigenschaften, die ich zu entwickeln oder überwinden suchte. Manchmal fand ich mich durch eine einzige Meditation auf Meister von einer Verirrung befreit, die mich seit Monaten geplagt hatte, vielleicht sogar seit Jahren. Bei einer solchen Gelegenheit sprach er sanft, als ich mich an ihn wandte und niederkniete, um seinen Segen zu empfangen: "Sehr gut!"
Nachdem wir das Loch für den Swimmingpool gegraben hatten, kamen weitere Mönche hinaus, um uns zu helfen, die Holzverschalung zusammenzubauen und den Zement einzugießen. Das geschah mit Hilfe einer kleinen Mischmaschine. Ich schaufelte den Sand; ein zweiter fügte den Schotter hinzu; wieder andere fuhren mit den Schubkarren. Dreiundzwanzig Stunden arbeiteten wir, nur von kurzen Pausen unterbrochen. Aber wir sangen zu Gott während der Arbeit, und die Stunden vergingen froh. Am Ende lächelten wir alle glücklich.
Wir alle, das heißt, außer einem. Dieser Mann hatte nach ein oder zwei Stunden halbherziger Arbeit gebrummt: "Ich bin nicht hierher gekommen, um Zement zu schaufeln!" Er setzte sich hin und sah uns für den Rest des Tages zu; gelegentlich erinnerte er uns daran, dass hier nicht praktiziert wurde, worum es auf dem geistigen Weg überhaupt geht. Interessanterweise war er der einzige, der sich am Ende dieses langen Tages erschöpft fühlte.
Das Thema der mangelnden Willigkeit dieses Jüngers kam einige Monate später in einer Diskussion mit Meister zur Sprache. "Er sagte mir", ließ ich einfließen, "dass er Euch nicht bedingungslos gehorchen kann, Sir, weil er das Gefühl hat, seinen eigenen freien Willen entwickeln zu müssen.
"Aber sein Wille ist nicht frei", entgegnete Meister, "solange er durch Launen und Begierden gebunden ist. Ich bitte niemanden darum, mir zu folgen, aber diejenigen, die es taten, haben wahre Freiheit gefunden."
"Schwester", fuhr er fort, jenen Namen verwendend, mit welchem er stets Schwester Gyanamata meinte, die ältere Jüngerin, die ich bei meinem ersten Besuch in Encinitas getroffen hatte, "Schwester pflegte die ganze Zeit auf- und abzulaufen, um meine Wunsche zu erfüllen. Eines Tages sagten einige der anderen zu ihr: ,Warum tust du immer das, was er sagt? Du hast deinen eigenen Willen!' Sie antwortete: ,Gut, aber glaubt ihr nicht, dass es zu spät für mich ist, um sich zu ändern? Und ich muss sagen, ich bin in meinem Leben niemals so glücklich gewesen, als jetzt, seit ich hierher gekommen bin."'
Meister schüttelte sich vor Lachen. "Sie haben sie nie wieder belästigt!"
Auf meine bescheidene Weise konnte ich mich schon jener Antwort anschließen, die Schwester Gyanamata den widerwilligen Jüngern gab. Denn auch ich machte schon die Feststellung: Je mehr ich meinen Willen mit dem von Meister in Übereinstimmung brachte, desto glücklicher wurde ich. "Mein Wille", sagte Meister, "ist nur, Gottes Wille zu tun." Der Beweis für dieses Statement lag in der Tatsache, dass wir uns in Gott umso freier fühlten, je besser wir seinem Willen folgten.
Als Weihnachten herannahte, sang mein Herz mit einer Glückseligkeit, von der ich niemals zuvor zu träumen gewagt hatte. Am 24. versammelten wir uns um 10 Uhr morgens zu einer ganztägigen Meditation in der Kapelle, um den unendlichen Christus einzuladen, in den "Krippen" unserer Herzen aufs Neue geboren zu werden. Am Christtag tauschten wir in der traditionellen Weise Geschenke aus. Der Hauptprogrammpunkt dieses Tages war ein nachmittägliches Bankett; im Anschluss daran wandte sich Meister an uns. Die Süße seiner Rede nahm mich derart ein, dass ich das Gefühl hatte, im Himmel zu leben.
Am folgenden Tag gab Meister Kriya - Yoga Einweihung. Als ich mich ihm näherte, um seinen Segen zu empfangen, öffnete ich meine Augen, um zu sehen, wie er mich segnend anlächelte.
Zu Sylvester fand in der Hauptkapelle eine Mitternachtsmeditation statt, die wieder von Meister geleitet wurde. Zu einem bestimmten Zeitpunkt der Feier schlug er weich einen großen Gong, dann erhöhte und verminderte er schrittweise und wellenförmig die Lautstärke. "Stellt euch das als den Klang von Aum (16) vor", sagte er uns, "der sich nach außen in die Unendlichkeit ausbreitet."
Zur selben Zeit meditierte eine andere Gruppe von Jüngern einhundert Meilen entfernt in Encinitas im Hauptraum der Einsiedelei. Auch sie hörten den Klang von Meisters Gong. Einer der Mönche erzählte mir später: "Es war, als ob ihn jemand am Gang gleich außerhalb des Zimmers schlagen würde."
Die Meditation, die auf Mt. Washington folgte, war faszinierend: Mitternacht nahte heran. Plötzlich schwappten Wellen von Lärm aus der Stadt und der umgebenden Nachbarschaft zu uns herein, als zahllose Zelebranten in das Neue Jahr eintraten: Fabriksirenen, Autohupen, Schreie. Eine Nachbartür öffnete sich und eine Stimme brüllte verzweifelt in die Nacht: "Glückliches Neues Jahr!"
Wie pathetisch diese Festspieltöne, verglichen mit der Seelenfreude, die wir in unserer kleinen Kapelle erfuhren! Und wie gesegnet, dachte ich, wie wundervoll glücklich war ich, an diesem heiligen Ort zu sein — zu den Füssen meines göttlichen Gurus. Ich betete, dass das Neue Jahr mir eine sich immer vertiefende Gehwahrheit von der Liebe Gottes bringen möge.
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16) Die Schwingung mittels derer das Universum manifestiert wird. Aum ist der Heilige Geist der christlichen Dreifaltigkeit.
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Aus: "The Path" von Swami Kriyananda, direkter Jünger Paramahansa Yoganandas